Whisky Live Hamburg 2025

17. Oktober 2025

Whisky Live Hamburg - 11.10.2025

Am vergangenen Wochenende feierte die Whisky Live im Congress Centrum Hamburg ihre Premiere: Kirsch Whisky hatte als Veranstalter geladen und viele, viele Marken und Namen kamen, schenkten hochspannende Spirituosen aus und waren in erstaunlicher Redelaune. Ich konnte natürlich nicht anders und musste in meiner Heimatstadt den ganzen Tag über die Messe schlendern, mit Freunden, Bekannten und völlig Unbekannten vor und hinter den Ständen plaudern, gefragt und ungefragt meinen Senf zu irgendwelchen Themen geben und eventuell, gelegentlich, also wirklich sehr selten, fast kaum zu bemerken, völlig untergeordnet den ein oder anderen klitzekleinen Whisky verkosten. Im Vorfeld hatte ich hier und da ein paar Bedenken bezüglich des für deutsche Whiskymessen neuen Konzeptes gehört: Deutlich erhöhter Eintritt (Ticketpreis ohne Ermäßigungen 69€), dafür sollte jeder Stand durchgängig mehrere Abfüllungen umsonst im Ausschank haben. Würden dann eventuell nur besonders günstige oder wenig spannende Abfüllungen gratis angeboten werden und für die hochpreisigeren trotzdem ordentlich Geld verlangt werden? Würde es trotz des hohen Eintrittspreises durch den freien Alkohol eher in einem Besäufnis als in einer spannenden Messe enden?

Ich kann vorwegnehmen: Beides war nicht annähernd der Fall. Ich habe vielleicht zwei oder drei Stände gesehen, die nur einige wenige Abfüllungen gratis ausschenkten, während alle anderen Anbieter sämtliche und seien es noch so besondere oder seltene Abfüllungen als 1cl-Dram gratis ausgaben. Ich weiß natürlich nicht, wie es aus Ausstellersicht war, aber trotz meiner eventuell mit der Zeit leicht eingetrübten Sinne wirkte es auf mich so, als hätte dies in Kombination mit dem hohen Eintrittspreis tatsächlich einen positiven Effekt auf das Trinkverhalten der Besucher gehabt. Auf „normalen“ Messen gibt es ja regelmäßig die ein oder anderen alkoholbedingten Ausfälle, die ich auf der Whisky Live allerdings überhaupt nicht beobachten konnte. Zufall? Vielleicht. Vielleicht aber auch dem Umstand geschuldet, dass der hohe Preis und die kleinen Drams eher den fortgeschritteneren Genießer ansprachen.

Frisch angekommen auf der Messe bin ich erstmal mit verstecktem Messeglas eine Stunde durch die Räumlichkeiten geschlendert, habe hier und dort ein bisschen geplaudert und diverse Versuche mir Whisky einzuschenken abgewehrt, um einmal die Atmosphäre und die Aussteller auf mich wirken zu lassen. Das macht ich eigentlich auf jeder Messe gerne, um einen ersten, unverfälschten Eindruck zu bekommen. Manchmal verpasse ich dadurch zwar die Hypeabfüllungen, die nach 20 Minuten ausverkauft sind, aber mir fällt bei diesem ersten Rundgang immer so viel spannendes auf, was ich probieren möchte, dass es das locker wieder ausgleicht. Diesmal fand ich besonders spannend, dass beinah überall das Standpersonal, deren erste Einschenkversuche ich auf meiner Erkundungstour abgelehnt hatte, mich beim zweiten Besuch zwei bis fünf Stunden später mit „Du bist ja wirklich wiedergekommen“ (o.ä.) begrüßten und direkt die Flaschen parat hatten, die ich Stunden vorher neugierig beäugt hatte. 

Schon drei Absätze allgemeines BlaBla und noch kein Wort darüber, wie es war und wer nun wirklich alles da war – Muss man auch erstmal schaffen. Los geht’s: Eigentlich war fast alles, was Rang und Namen in der Whiskyszene hat, mit einem eigenen Stand vertreten. Konzerne wie Diageo oder Beam Suntory, unabhängige Abfüller wie Gordon & MacPhail, Signatory, BNS, Elixir, Murray McDavid, Berry Bros, Importeure wie Kirsch Whisky, HaWe, Kammer-Kirsch, Bottle Brands oder Prineus und viele, viele Brennereien selber (Ardbeg, Glenallachie, Aberfeldy, Bruichladdich, Starward, Amrut, Nc’Nean, Zuidam – Meistens vertreten durch Mitarbeiter des deutschen Importeurs, manchmal aber auch mit Ambassadoren oder Personal der Brennerei selber). Die Aufzählung ist nur aus der Erinnerung und da waren noch viele mehr, die mir in diesem Moment nicht einfallen. Ausnahmslos alle Aussteller hatten sich alles andere als lumpen lassen und jede Menge spannende, schräge, seltene, aber auch ganz normale Abfüllungen dabei und immer wieder gab es auch etwas von der ganz speziellen „Bückware“ unter der Theke. Bei Gordon & MacPhail wurde zu jeder vollen Stunde eine ganz besondere Rarität aus den tiefen 60ern, 70ern und 80ern geöffnet, was dazu führte, dass dort dann immer Whiskynerds in diversen Reihen begeistert den Stand umlagerten, um etwas von einem dieser besonderen Tropfen zu ergattern. Am Stand von Signatory wurden nebenbei die Abfüllungen des Whisky Druiden Michel Reick verkauft und die Menschentraube für den neuen Springbank 20 war ähnlich groß, wie bei Ardbeg als der 25 Jahre alte Standard oder ein extra mitgebrachtes Single Cask ausgepackt wurden oder wie bei Glenallachie als Billy Walker selbst dort den Ausschank übernahm. Auch Diageo hatte all seine aktuellen Special Releases im kostenlosen Ausschank, allerdings haben die beiden, die ich probiert habe, mich leider alles andere als überzeugt.

Klingt super? War es auch und ich bin 2026 bestimmt wieder mit dabei. Trotz deutlich über 1.000 Besuchern und ordentlich Gewusel am Besuchertag war es durchgängig familiär, entspannt und humorvoll und durch die höchst professionellen Räumlichkeiten im CCH in Hamburg und viele extra hergerichtete Stände auch optisch sehr ordentlich anzuschauen. Wie ihr an den ganzen Fotos zwischen den Absätzen gesehen habt, ist mir eventuell auch der ein oder andere Whisky ins Glas gekommen und zwei Flaschen haben anschließend sogar noch den Weg mit mir nach Hause angetreten: Ein 17 Jahre alter MacDuff mit dreijährigen Pomerol Finish von Berry Bros (Höchst ungewöhnlich und genau deswegen spannend und lecker) und ein 16 Jahre alter Deanston aus dem Bourbon Cask von Elixir Distillers (Herrlich direktes Bourbonfass). Weitere, allerdings ungekaufte, Highlights für mich waren: Der 7 Jahre alte Millstone Pajarette (Bin kein Süßweinfan, aber den fand sogar ich großartig. Leider ausverkauft), ein 28 Jahre alter Allt-a-Bhainne aus dem Madeira Cask (Hatte eindeutig was von hochprozentiger Sangria aus dem Holzeimer) und der Duo Rum von Brewdog mit karamellisierter Ananas (Perfekter Nachtisch, der lange nachhallt).


Szene des Tages für mich: Wir stehen zu viert in einer Gruppe und unterhalten uns. Aus dem Hintergrund kommt eine uns unbekannte Frau mit dem lautstarken Ausruf „Was für hübsche Flaschen“ direkt auf uns zu. Verwirrte Blicke zwischen uns (Flaschen? Wir? Na gut. Aber hübsch?), bis die Frau sich (uns vollkommend ignorierend) zwischen uns durchschiebt und neugierig die bunten Ginflaschen am Stand von Bottle Brands betrachtet.


Fail des Tages: Der "Port Aslaig"-Banner-Fehldruck von Elixir