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Westport 22 Jahre

Dez. 01, 2019

Westport 22 Jahre - Shustov Brandy Finish

Berry Bros. & Rudd ist ein Londoner Wein- und Spirituosenhändler, der bereits über 300 Jahre im Geschäft ist und vor knapp 100 Jahren den Blended Whisky „Cutty Sark“ mit dem legendären gelben Etikett aus der Taufe gehoben hat. Natürlich betätigt sich die Firma auch als Abfüller anderer Marken und hat dabei regelmäßig etwas ganz besonderes im Portofolio: Unabhängig abgefüllte Glenmorangie. Glenmorangie gibt meines Wissens fast nichts an andere Abfüller raus, so dass man schon viel Glück braucht, um hier an etwas Unabhängiges ranzukommen. Berry Bros & Rudd bekommen ihre Glenmorangie als „teaspooned Blended Malt“, was bedeutet, dem Single Malt wurde ein Teelöffel voll eines anderen Malts beigefügt, so dass es sich um keinen reinen Glenmorangie mehr handelt und nicht unter diesem Namen verkauft werden kann.

Der Westport in meinem Glas ist also so ein teaspooned Glenmorangie mit einem Teelöffel Glen Moray versetzt, dazu mit einem Finish in einem Shustov Brandy Fass versehen. Shustov ist ein Brandy aus der Nähe von Odessa in der Ukraine, dessen Bestandteile alle mindestens elf Jahre alt sind und der die seltene Ehre bekam, von 1900 an mit der Bezeichnung „Cognac“ auf dem Etikett auftreten zu dürfen, obwohl er nicht aus der Gegend von Cognac in Frankreich kam. Diese Ausnahme wurde erst 1945 wegen der Rolle der Ukraine im zweiten Weltkrieg widerrufen. Genug Geschichte, Westport ist angesagt.

Ich hatte noch nie einen Whisky mit Brandy Finish im Glas und habe sowas bisher auch nur mal bei Kavalan gesehen, daher bin ich dementsprechend gespannt, was die zweiundzwanzigjährige, im September 2019 abgefüllte Fassstärke vor mir so kann.

Aroma:

Von Blumen, dunkler Schokolade und Zitrusfrüchten ist der Duft geprägt, der mir aus dem Glas entgegenkommt. Diese drei Noten bleiben auch nach längerem Ruhen im Glas deutlich im Vordergrund, während meine Nase tapfer behauptet, dass zusätzlich ein karamellisiertes Stück Leder im Hintergrund lauert. Letztere Assoziation löste bei meiner Frau nur eine mitleidig gehobene Augenbraue aus.

Geschmack:

„Smooth“ ist vermutlich das Wort, dass den Geschmack dieses Drams am besten in einem Wort zusammenfasst: geschmeidig, sanft, sämig, beruhigend und irgendwie lässig. Ölig, buttrig und fruchtig legt er sich auf die Zunge, transportiert für mich völlig unerwartet eine dezente Rauchnote, die eingehüllt ist in bittere Orangenmarmelade, Vanilleeis und Ingwer. Die Fassstärke schafft es zwar auf das Label, aber nicht bis in den Mund, so weich ist er.

Abgang:

Lang, wärmend und seidig, trotzdem mit Eiche durchzogen, mit überreifen Aprikosen beladen und ganz leicht scharf. Hallt ordentlich nach und lässt einen sofort sehnsuchtsvoll abwechselnd auf das leere Glas und die Flasche blicken.

Fazit:

Das ist mal kein Glenmorangie wie ich ihn bisher im Glas hatte, aber es ist trotzdem unverkennbar einer. Die Nase ist großartig, der Geschmack überragend und der Abgang sehr, sehr ordentlich. Ich bin zwei Monate um diese Abfüllung drumherumgeschlichen, hab sie mehrfach vorher probiert und bin mir inzwischen sehr sicher: die derzeit aufgerufenen 109 € ist dieser Dram wert.

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