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Zwei Jahre Blog - Irgendwas gelernt?

Juli 03, 2021

Zwei Jahre Blog - Irgendwas gelernt?

Mit einer wahren Schwefelbombe von meiner Lieblingsbrennerei begann am 07.06.2019 meine hmm…. Karriere als Whiskyblogger: ein Longrow 14 Jahre aus Refill Oloroso Sherry Casks war der Startpunkt für bisher 262 Tasting Notes und 5 kleine sonstige Berichte. In einem kleinen Anflug von Sentimentalität hab ich mich neulich nach drei Drams mal gefragt, warum ich das eigentlich mache und ob ich seit Beginn irgendwas dazugelernt habe. Flugs kam der Griff zum Tablet, es wurden ein paar Ideen in die Notizen getippt und jetzt sitze ich hier drei Wochen später, um aus diesen kryptischen Vermerken einen sinnvollen Text zusammenzufügen.

Was hab ich also gelernt?

Hosting

Zuallererst hat der nicht allzu computeraffine Schreiberling gelernt, dass einen Blog technisch aufsetzen, ganz offensichtlich kein Hexenwerk ist. Guten Webhoster mit Homepagebaukasten gesucht (Webgo), nach ein wenig Gefluche geht das inzwischen alles extrem flüssig von der Hand und ich bekomme nebenbei noch einige Insights geliefert.

Konzept? Hä?

Inhaltlich hab ich am Anfang natürlich alle diesen tollen Beiträge anderer Blogger dazu gelesen, wie man einen Blog aufbaut und ein passendes Konzept dafür erstellt. Das mit dem Konzept hab ich weggelassen, weil mir das sinnlos erschien, da ich ja weiß, was ich tue, und einfach drauflosgeschrieben. Daraus hab ich definitiv gelernt, dass ich mir vorher irgendwas stringentes hätte überlegen sollen, wo ich denn eigentlich hin will, denn dann hätte ich das nicht für mich nebenbei durchdenken müssen.

Geduld!

Die ersten Beiträge gingen online und entgegen jeglicher Wahrscheinlichkeit und Erfahrung bin ich natürlich insgeheim ausgegangen, dass die dann sofort jeder bei Google findet, dass mich sofort ganz viele Leute verlinken, dass es viele Kommentare zu meinen Notes gibt und dass ich kaum was tun muss, damit mein Blog bekannt wird. Tja. War ne blöde Idee. Gelernt habe ich also vor allem Geduld. Aktives Einfügen in die Whisky-Community dauert und einen Grundstock von Lesern aufbauen erst recht.

Demut

Was ich schnell lernte, war Demut. Andere Blogger konnten doch tatsächlich viel besser schreiben, bekamen ständig Feedback, hatten die viel interessanteren Whiskys, wurden von jedem gelesen, kannten alles und jeden, turnten überall auf YouTube rum und sahen auch noch besser aus. Ich dagegen verzweifelte daran, warum einige Beiträge durch die Decke gingen und andere Beiträge so überhaupt nicht ankamen. Wollten die potentiellen Leser etwa nichts über einen tollen, unabhängig und unter falschem Namen abgefüllten, teaspooned Malt aus dem Bourbon Cask der Dritte-Reihe-Brennerei „Glen Beliebig“ wissen und wieder nur die x-te Ben Bracken-Rezension oder einen Beitrag über eine zugekleisterte Sherrybombe lesen? Wenn man nach den Zugriffszahlen geht: ja, sie wollen.

Schreib über das, was du magst, nicht über das, was ankommt

Zwischendurch hab ich mal versucht, viele meiner Beiträge danach auszurichten, was Zugriffe bringt, aber das hab ich schnell wieder aufgegeben, denn daran hatte ich keinen Spaß. Ich wollte nicht die dafür notwendige Abfüllung XY verkosten und dann einen Beitrag dazu schreiben, sondern lieber irgendwas aus meinem Schrank ziehen, worauf ich in dem Moment viel mehr Lust hatte…..und ich wollte meine Miniaturen und meine Samples verkosten und nicht ständig neue Großflaschen öffnen (Ganz abgesehen davon, dass ich keine Flaschenteilungen mache und mir daher auch nicht ständig neue Flaschen jagen kann.). Ich hab also gelernt: „worüber ich schreiben will“ steht über „was gelesen werden wird“. Manchmal wird es ja trotzdem gelesen.

Nicht vorschreiben

Ich hab sowohl Blogger als auch Vlogger kennengelernt, die schreiben/drehen auf Vorrat, damit sie immer was zum Veröffentlichen haben, selbst wenn sie mal krank oder im Urlaub sind, gerade einfach keinen Bock haben oder schlicht im wirklichen Leben gefordert werden. Fand ich eine clevere Idee und hab das auch versucht. Klares Eigentor. Ich will über den verkosteten Whisky mit anderen reden, sobald er verkostet ist und nicht x Wochen später. Dann hab ich alter Sack das nämlich alles schon wieder vergessen und muss erstmal meine eigenen Notes lesen.

Kostenlose Samples

Nach etwa einem halben Jahr bloggen, bekam ich überraschend von mehreren Händlern kostenlose Samples zugesandt und guckte erstmal doof. Ich wollte doch eigentlich nur ein bisschen über Whisky bloggen, weil ich dieses Getränk so faszinierend finde, einfach die Drams besprechen, die ich zuhause stehen hab, die ich mit Kumpels verkoste oder die ich beim Sampletausch ergattern kann. Reines Hobby halt, kein Stress und ein paar Leuten erzählen, welchen Whisky ich warum für interessant, verkostenswert oder großartig halte, damit in Zukunft alle nur noch die leckeren Whiskys trinken und die Sherrybomben stehen lassen….und plötzlich bekomme ich von Abfüllern Samples zugeschickt und es wirkt irgendwie wie Arbeit, wenn ich das jetzt bespreche und bin ich jetzt eine „waschechte Nutte der Werbung“ (entschuldigt den sicherlich nicht angemessenen Ausdruck, aber es war das Erste, was mir in den Sinn kam, weil sich der Wirt meiner Lieblingskneipe immer als „waschechte Nutte der Gastronomie“ bezeichnet)? Ich habe nie gedacht, dass ich mir wegen einem kleinen Blog mal diese Fragen stellen müsste, weil ich vielleicht unbedarft war (Konzept?), aber vermutlich sind schon hunderte Blogger an diesem Punkt gewesen und haben für sich dann Leitplanken setzen müssen, wie sie mit diesem Thema umgehen. Hier also nach ordentlich Grübelei die Leitplankeń, die ich mir damals gesetzt habe:
  • Meine Beiträge sollen immer einen Mehrwert für den Leser haben, der über reine Werbung hinausgehen muss.
  • Ich bin niemals objektiv oder neutral, sondern habe aufgrund meines Lebens und meiner Erfahrungen eine eigene Sicht auf die Welt und natürlich Whisky im besonderen und will das authentisch rüberbringen.
  • Meine Beiträge müssen mir selber Spaß machen, sonst sind sie den Aufwand nicht wert.
Social Media

Wie ihr oben schon gelesen habt, war ich mal so naiv zu glauben, dass ich einfach was schreibe und dann lesen alle meinen Blog, ohne das ich diesen groß bewerben muss. So‘n Quark. Dauerte nicht lange und ich lernte, dass ich um eine Facebookseite und am besten auch einen Instagram-Account wohl eher nicht drumherum kam. Das war zwar mehr Aufwand als ich mal wollte (Stichwort „kein Konzept“), aber zumindest Instagram lernte ich irgendwann zu mögen, weil es berechenbar ist und weil ich sehr einfach mit hunderten anderen Whiskytrinkern in Kontakt gekommen bin. Instagram ist daher auch ein bisschen etwas wie mein Hauptkanal geworden. Facebook dagegen, das hab ich gelernt, verstehe ich nicht. Die ändern gefühlt monatlich ihren Algorithmus und mal werden Beiträge mit Bildern und mal welche ohne Bilder bevorzugt. Mal sind geteilte Beiträge der Hit und mal nur die Originalbeiträge…..und wenn der Beitrag nicht kommentiert wird, ist er ohnehin fast unsichtbar, es sei denn das Bild ist schick oder der Beitrag ist geteilt oder so….

Die Anderen

Mit der Zeit lernte ich, dass die Whisky-Community, die ich vorher nur am Rande wahrgenommen hatte, weil ich im wesentlichen nur mit Freunden über Whisky plauschte, aus ganz vielen lieben, netten, sympathischen Leuten bestand, mit denen man ganz wunderbar kommunizieren konnte. Plötzlich schickte ich wildfremden Leuten auf Zuruf irgendwelche Samples und bekam dann meistens sogar mehr Samples wieder zurück, was ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen konnte und dann auch wieder mehr geschickt habe, usw….ihr kennt das. Dann konnten die alle auch noch Rumblödeln, gelegentlich sogar ernsthaft diskutieren, kannten jede noch so obskure Abfüllung und waren auch noch nett dabei. Dazu kamen dann noch die anderen Blogger und Vlogger, denen man plötzlich folgte, und mit denen man auf Messen oder bei privaten Treffen fachsimpelte oder die spontanen Zoom-Runden mit irgendwelchen Leute, die redeten und Whisky tranken. Dazu die Händler und auch die Abfüller mit denen ich in Kontakt kam und die alle natürlich ihre Whiskys lobten, aber trotzdem immer wieder mal einen spannenden Tipp von ganz woanders mitbrachten..

Blog

Gelernt hab ich auch, dass es überhaupt nicht wichtig ist, ob es „der Blog“ oder „das Blog“ heißt. Richtig ist aber selbstverständlich der Blog.

Und jetzt?

Ich bin ja nicht mehr der jüngste, daher auch störrisch und wenig beweglich, also werde ich wahrscheinlich noch einige Zeit ohne Konzept vor mich hin bloggen und hoffentlich nicht nur selber Spaß dran haben…..und zu Beitrag 500 schreibe ich dann nochmal auf, was ich so gelernt hab.


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