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St Kilian - Signature Edition 13 - Deconstruction

Apr. 12, 2023

Deconstruction Set St Kilian "Thirteen"

Die Entwicklung von St Kilian hab ich 2020 mit mehreren Notes relativ intensiv verfolgt, bin aber nach dem „One“, dem „Two“, einem „Ex-Eisbock-Cask“ und einem zweijährigen Spirit irgendwie wieder aus der Beobachtung ausgestiegen. Zu diesem Zeitpunkt (und auch ein bisschen durch St Kilian) kamen die ganzen anderen deutschen Whiskys wie Gilors, Lübbehusen, Fading Hill, Sild, Nine Springs, Hillock, Elsburn, usw. in mein Blickfeld und so war gar nicht genug Kapazität in der Leber vorhanden, um die Entwicklung von St Kilian noch weiter zu beobachten. Ich hab zwar noch Sample vom „Three“ bis zum „Seven“ hier stehen, bin aber einfach nicht dazu gekommen. Umso spannender war für mich daher jetzt nach fast drei Jahren Beobachtungspause das Deconstruction Set zur Signature Edition „Thirteen“, welches mir die Brennerei direkt zur Verfügung gestellt hat.


Dieser Artikel wird ziemlich lang, denn es gibt jetzt erst kurze Notes zu den einzelnen Fässern mit einem kurzen Fazit und einer „Erwartung“ für den fertigen Whisky. Anschließend folgen dann ausführliche Notes zur „Thirteen“ selber. Die Edition „Thirteen“ besteht aus Anteilen fünf verschiedener Fässer: Ungarische Eiche, Kastanie, Wilde Robinie, Pfälzer Eiche und Kirsche – Aus keiner dieser Fassarten hab ich meines Wissens bisher einen Single Malt getrunken, daher hab ich nicht den Hauch einer Ahnung, was mich gleich erwarten wird. 


Ungarische Eiche, 2016-2022, 61,3%, 32% Anteil im „Thirteen“


Aroma:


Wow - Hochspannend. Sehr süßliche, aber klar dominierende Eiche, undefinierbare Südfrüchte, leichter Rauch und Vanille.


Geschmack:


Warm und ledrig, kalter Rauch, schwarzer Tee, Bergamotte, Holzwürze, Vanille


Abgang:


Lang, aschig, kalt, mit Pfeffer, Leder und Eichenwürze


Kastanie, 2019-2022, 53,4%, 27% Anteil im „Thirteen“


Aroma:


Frisch geschlagenes Holz, Haselnüsse, Hartwachsöl, neues Leder, völlige Abwesenheit von Frucht und Vanille


Geschmack:


Flüssiges Leder, überraschend sanftes, aber deutlich präsentes Holz mit kaltem Kaffee, Walnussschalen und angebranntem Erdnussbuttertoast 


Abgang:


Lang, dumpf und dunkel, mächtiges Holz, Kaffee und Leder.


Wilde Robinie, 2019-2022, 61,8%, 27% Anteil im „Thirteen“


Aroma:


Wieder etwas vollkommen anderes. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich hier sofort auf ein ausgelutschtes Sherryfass getippt. Rote Trauben und altes Holz, Muskat und Pfirsich, Vanille und leichter Rauch


Geschmack:


Trauben und Leder, dazu Asche, staubtrocken, Heidekräuter 


Abgang:


Lang, warm und trocken, aschig und pfeffrig, Muskat, Holz und Walnüsse


Pfälzer Eiche, 2018-2022, 60,6%, 11% Anteil im „Thirteen“


Aroma:


Helle Trauben, Hefe, Lemongras, frisches Holz, Sangria und irgendetwas, was mich entfernt an Oliven erinnert


Geschmack:


Süffig, Tannine, Weißwein, abgebrochene Äste, Vanille und Haselnüsse 


Abgang:


Helles Holz, Heidekräuter, Würze, Vanille, angebrannt, lang


Kirsche, 2018-2022, 61,7%, 3% Anteil im „Thirteen“


Aroma:


Was ist denn das? Rote Früchte mit Parfüm, Erkältungsbad mit Rosen, in ätherische Öle eingelegtes Heu? Wenn nicht Whisky draufstehen würde, hätte ich vor dem Probieren um mein Augenlicht gefürchtet. Mit Handwärme riecht es schlimmer


Geschmack:


Widerlich. Einfach nur widerlich. Omas Rosenseife mit Erkältungsbad und dem Parfüm einer Zwölfjährigen. Untrinkbar.


Abgang:


Parfüm, Parfüm, Parfüm.


Fazit: 


Ich bin begeistert, dass die fünf verschiedenen Fassarten derart vollkommen verschiedene Whiskys hervorbringen, die ich nicht immer auch der selben Brennerei zugeordnet hätte. Die ungarische Eiche ist lecker und verträgt ganz wunderbar ein paar Tropfen Wasser. Die Kastanie ist durch die Menge an Leder und Holz nicht so meins, aber ich kann klar erkennen, warum die gut in eine Fassmixtur passen könnte. Die Wilde Robinie ist überraschend rotfruchtig und kann fast ein Sherryfass kompensieren – Wow. Die Pfälzer Eiche produziert einen ganz soliden Durchschnittsdram. Die Reifung im Kirschholzfass ist für mich ein Anschlag auf meine Geschmacksnerven und ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, warum man sowas trinken sollte. Wer aber Bowmore aus den 80ern liebt, dem würde diese Reifung wohl tatsächlich gefallen.


Was erwarte ich jetzt vor dem Verkosten des Thirteen? Ich würde hoffen, dass die Fruchtigkeit der Wilden Robinie sich durchsetzt und von der ungarischen Eiche gestützt wird, während die Pfälzer Eiche gerne im Geschmack durchkommen kann. Gleichzeitig hoffe ich stark, dass die Kirsche überhaupt nicht rauskommt und dass das flüssige Leder aus der Kastanie nur wenig erscheint. Insgesamt erwarte ich einen ledrig-aschigen, leicht fruchtig-vanilligen Dram.


Signature Edition „Thirteen“, 53,9%


Aroma:


Die ungarische Eiche und die Wilde Robinie sind wie erhofft tatsächlich deutlich präsent: leicht süßliche Noten mit roten Trauben und Vanille steigen mir gemeinsam mit leicht rauchigen Noten in die Nase. Dazu gibt es das Holz von frisch abgebrochenen Ästen, aber leider auch einen Hauch Parfüm von der Kirsche, wobei ich nach letzterer Note explizit gesucht und sie deswegen vielleicht gefunden habe. Die mag sonst untergehen.


Geschmack:


Der Whisky ist erstaunlich süffig und bietet mir erstmal eine gute Menge an Leder kombiniert mit ewig lange in Alkohol eingelegten, undefinierbaren Früchten. Ein alter Aschenbecher und Nougat zeigen sich ebenfalls deutlich, während im Hintergrund angebranntes Karamell und weißer Pfeffer unterwegs sind.


Abgang:


Das Finish ist lang und aschig, trocken und pfeffrig, mit einer Mischung aus Holzwürze, Leder und Vanille.


Fazit:


Vorab gilt: vollkommen egal, wie mir der Whisky und seine einzelnen Bestandteile letztlich geschmeckt haben, war das Deconstruction Set unglaublich lehrreich und spannend und wenn ich mal vor Ort bei St Kilian bin, weiß ich, aus welchen Fässern ich gerne mal was probieren würde und um welche ich einen Bogen mache. Gleichzeitig finde ich es höchst spannend zu sehen, was aus den einzelnen Bestandteilen entstehen kann.

Der Thirteen selber ist insgesamt ein absolut solider Whisky, aber auch nicht mehr. Kein Überwhisky, den ich als absoluten Pflichtkauf einstufen würde, aber doch ein grundanständiger Raucher, den man auch im Vergleich mit einem Schotten gut trinken kann. Ich freue mich, dass St Kilian seinen Weg weitergeht und bin schon sehr neugierig, wie die Entwicklung dort weiter verläuft……und vielleicht warte ich diesmal keine drei Jahre bis zur nächsten Probe aufs Exempel.


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