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Glentauchers 1979

Juni 11, 2020

Glentauchers 1979

Ich habe mir neulich ein paar ältere Miniaturen von Brackla, Dallas Dhu, Ardmore, Auchroisk oder auch Benromach zugelegt, um mal herauszufinden, wie Whisky eigentlichen früher geschmeckt hat. Diese will ich jetzt mal so nach und nach in loser Serie verkosten und euch natürlich daran teilhaben lassen.

Den Anfang macht ein Glentauchers aus dem Jahre 1979 auf dem erstmal nicht draufsteht, in welchem Jahr er von Gordon & MacPhail mit 40% in die Flasche gefüllt wurde. Auf der Rückseite des Labels findet sich allerdings der Bottlecode „IC/AB“. „IC“ steht dabei für „93“, d.h. der Whisky wurde 1993 abgefüllt, ist also 13 oder 14 Jahre alt. Über die Fassart ist nichts bekannt.

Die Brennerei Glentauchers liegt in der Speyside und ist eher ein Arbeitstier für die Blendindustrie als für seine Single Malts bekannt. Angeblich findet man die Whiskys der Brennerei im Teacher‘s, Black&White und Ballantine‘s. Offizielle Abfüllungen gibt es im Prinzip nicht, aber bei unabhängigen Abfüllern kann man ab und zu einen Glentauchers entdecken.

Aroma:

Birne, Met und Karamell dominieren die Nase, dazu kommen Apfel, Zwetschge und Gras. Riecht wie eine Streuobstwiese mit überreifen, pappsüßen Früchten. Direkt nach dem Einschenken roch der Dram für seine 40% sehr sprittig, aber das ist schnell verflogen und hat sich unter die Früchte gemischt. Alle Glentauchers, die ich bisher hatte, hatten bereits im Geruch eine starke Eichenwürze, was dieser alte Dram hier nicht hat.

Geschmack:

Aah, da ist sie ja die Eiche: die 40% kommen unglaublich wässrig auf der Zunge an, aber dann entfaltet der Glentauchers eine erstaunliche Kraft, die durch würziges, leicht angeröstetes Holz und Pfeffer unterstützt wird. Der Dram ist bitter, malzig und mächtig trocken. Die gesamte Süße aus der Nase erweist sich im Geschmack als quasi nicht existent. Eine erstaunliche Wandlung.

Abgang:

Unerwartet lang, warm, würzig, bitter und pfeffrig klebt der Glentauchers an meinem völlig von Wasser befreiten staubtrockenen Gaumen. Gerade die Schärfe und eine angenehme Bitternote, die an kalten Kaffee erinnert, bleiben sehr lang zurück. Ich habe noch nie einen Dram mit nur 40% Alkohol getrunken, der einen derart langen, intensiven Abgang hatte.

Fazit:

Ein hochspannender Verwandlungskünstler dieser alte Glentauchers: übermäßig süß und fruchtig in der Nase, würzig und eichenlastig mit Röstaromen im Mund, warm, intensiv und laaaang im Abgang. Einzige Konstante: absolut staubtrocken ist er. Mein Körper verlangt nach dem Dram erstmal ein Glas Wasser. Sehr überraschend, sehr speziell, sehr lecker, wenn man herbe Whiskys mag. Ich mag das.

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