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Thy Whisky - Achtmal Dänemark im Glencairn

Mai 07, 2022

Thy Whisky x8 - Danish Organic Whisky

Vor ein paar Monaten fragte mich Helge von Spirits of Scandinavia, ob ich nicht mal Lust hätte, etwas von Thy Whisky zu probieren. Thy Whisky? Hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gehört und hab dann erstmal die allwissende Suchmaschine angeworfen. „Danish Organic Whisky“. Farmbrennerei. 2km weg von der Nordseeküste. Brennt seit 2010. Experimentiert mit haufenweise verschiedenem Malz. Von Jim Murray mal als europäischer Whisky des Jahres ausgezeichnet - Das klang für mich schon mal spannend, also gab es von mir ein klares „Ja, immer her damit“.

Als dann das „kleine“ Samplepaket direkt uns Dänemark kam, war ich erstmal ein bisschen perplex: 7 Samples, 1 große Flasche, Glas, Pipette, drei Malzproben und zwei Seiten Text vom Master Distiller selber. Ich gehöre ja nicht zu den Bloggern, die häufiger mal was zugeschickt kriegen, daher war nicht nur die schiere Menge an Whisky sondern auch all das drumherum schon mal überraschend. Hier auf jeden Fall ein großes Dankeschön an Jakob Stjernholm von Thy Whisky. Ob ich das jetzt alles noch fair besprechen kann? Ich werde es zumindest versuchen.

Im beiliegenden Schreiben gab es noch einige Informationen zum Malz und zur Brennerei selber, die ich für durchaus spannend genug halte, um sie direkt weiterzugeben: Thy Whisky kann theoretisch etwa 50.000 Liter im Jahr produzieren, ist aber noch ein paar Jahre davon entfernt, den Whisky in dieser Menge auch wirklich abfüllen zu können. Derzeit probieren sie noch fleißig rum und versuchen gar nicht, einen regelmäßig gleich schmeckenden Whisky zu kreieren, sondern setzen auf vollkommen unterschiedliche Geschmäcker. Es gibt Whisky mit verschiedenen Malzen, es gibt Rye und es gibt Whisky aus über Buche geräuchertem Malz.

So, ich würd sagen: genug Hintergrund, ab zu den Whiskys. Bekommen habe ich:

eine Flasche Thy Whisky No. 17 Stovt mit Stout-Finish
ein Sample Thy Whisky No. 15 Fjordboen aus Oloroso- und Bourbonfässern
ein Sample der Distillery Edition Cask 164 aus dem Bourbonfass
ein Sample Spelt-Rye Batch 2
sowie vier Fassproben Pale Malt, Kara, Imperial und noch einen Rye.

All diesen Whiskys hab ich mich über drei Abende verteilt mal ausführlich gewidmet und diese mit Notes versehen, wobei die Notes der offiziellen Abfüllungen deutlich länger als die Notes der Fassproben sind. All diese Notes findet ihr hier jetzt der Reihe nach und ganz unten dann ein Fazit über alle Whiskys hinweg. Ich hoffe, ein paar von euch sind so tapfer und lesen das tatsächlich alles - Es sind nämlich wirklich spannende Sachen dabei.


Thy Whisky No. 17 Stovt

Ex-Bourbon und Ex-Oloroso-Casks, anschließend Finish im Stout-Cask. Gebrannt in den Jahren 2016-2019, abgefüllt 2022. 2.097 Flaschen, 51% Alkoholgehalt. Mein erster Thy-Whisky, weil ich als Erstes unbedingt die Großflasche öffnen wollte. Eventuelles Problem: ich finde Bier absolut widerlich, so dass ein Stout-Finish es bei mir sehr schwer haben könnte.

Aroma:

Das ist wirklich ein nordischer Whisky: sofort erinnert mich der Geruch an Mosgaard, Bivrost oder Kyrö und nicht annähernd an einen schottischen Single Malt. Weit abseits der gewohnten Pfade von Scotchtrinkern, aber auch weit weg von französischen, japanischen, taiwanischen oder auch deutschen Whiskys. Im ersten Moment hat es Noten eines Gins oder eines Kräuterschnapses, aber wenn man ein bisschen tiefer hineinriecht, dann kommen Vanille und Rosinen, Kräuterhonig und Milchschokolade, Tannennadeln und Süßholz, grüne Äpfel und etwas Tuttifrutti. Dazu viel Malz und Röstaromen.

Geschmack:

Auch hier ist es eher eine Note aus leicht bitteren Küchenkräutern und Eukalyptus, die den ersten Eindruck dominiert. Dann kommen Süßholz, weißer Pfeffer, saftiges Malz, verkohltes Holz, Orangeat und Früchtebrot raus, während im Hintergrund angebranntes Karamell und Hopfen schweben. Auch hier befinden wir uns also weit ab von bekannten Scotch-Pfaden, aber weiterhin auf typisch nordischem Kurs.

Abgang:

Lang und süßlich trocken, mit minimalen Raucharomen, Pfeffer, Süßholz, Malz und Nougat.

Fazit:

Wie erwartet, hat es dieser Whisky durch das Stout-Finish bei mir sehr schwer, aber es geht besser als erwartet: gerade die äußerst ungewöhnliche, aber absolut klare Süßholznote macht diesen Whisky für mich trotz des Stout höchst spannend. Der ganze Dram wirkt auf eine charmante Art nordisch kühl und weit weg von typischen Whisky-Pfaden….und da ich Bivrost, Mosgaard, usw. auch sehr mochte, passt das grundsätzlich für mich…..wenn das Stout nicht wäre.


Thy Whisky No 15 - Fjordboen

Ein Mix aus Bourbon und Oloroso Casks, gebrannt 2017-2018, abgefüllt 2021, 49,5%.

Aroma:

Frisch und malzig, mit Vanille und Zitronengras, mit Mürbeteig sowie Butterkuchen und Kirschen - Dieser Whisky riecht für mich erstmal fast wie ein Schotte und unterscheidet sich damit mächtig vom Stovt-Finish.

Geschmack:

Malzbonbons werden mir auf die Zunge geknallt. Anschließend gibt es würziges Buchenholz, Pfeffer und verkohltes Toast, gefolgt von Erde, Küchenkräutern und bitterer Orangenmarmelade, bevor der trockene Dram zeigt, dass Oloroso mit im Spiel ist: Rosinen, Walnüsse, Muskat und Vanille schalten sich nämlich ein - Sehr ungewöhnlich und schmeckt wie ein dunkler, nebliger Abend.

Abgang:

Mittellang, dunkel und trocken. Der Fjordboen zieht mir regelrecht die Wangen nach innen, während dunkles Malz, Nüsse, Walnussschalen und kalter Kaffee am Gaumen kleben.

Fazit:

Völlig anderes Geruchs- und Geschmacksprofil als der No 17 - Was so ein Stout-Finish alles ändern kann. Hätte hier nie und nimmer die selbe Brennerei erkannt. Ganz tolle Nase, geschmacklich gefällt mir der No 17 trotz des Stout aber besser

Thy Whisky Spelt Rye

2 Jahre alt, 50%, Virgin American Oak Cask

Aroma:

Dieser Rye ruft bei mir, obwohl er nur sehr schüchtern aus dem Glas kommt, sehr schräge Assoziationen hervor: Zitronen-Haselnuss-Klebstoff und Mirabellen-Möbelpolitur sowie Grüner Apfel-Keks und Vanille-Kaugummi. Schräg.

Geschmack:

Meine Assoziationen sind auch weiterhin sehr wirr als der Rye meine Zunge erreicht: Schokoladiger-Hustenbonbon, Kardamom-Artischocke, Espresso mit Honig, Vanille-Moos und nasses Laub.

Abgang:

Lang, trocken, Tannine, Erde, dunkelste Schokolade

Fazit:

Ich bin kein Rye-Experte, denn dafür trink ich viel zu wenig davon, aber was ich dennoch sicher sagen kann: das ist mal ein spannendes, schräges Zeug. Hab den an zwei Abenden verkostet und für den muss ich in Stimmung sein, denn am ersten Abend war der furchtbar, am zweiten Abend total lecker.


Thy Whisky Smoked, Distillery Edition

Bourbon Cask, Fass Nr. 164, 4 Jahre 58,7%

Aroma:

Verwundert kräuselt sich meine Nase. Schinkenrauch und Kräuterhonig? Das kommt jetzt irgendwie unerwartet. Vanille, Äpfel, Zitronengras, Himbeeren, Rosinen und Eukalyptus legen nach. Das ist mächtig lecker.

Geschmack:

Die 58,7% legen einen kräftigen Antritt hin, aber die Noten lassen den Whisky irgendwie auch „eisig“ wirken: kalter Rauch von gestrigen Lagerfeuer, Heidekräuter, Moos und grüne Nüsse geben einen sehr eigenen, staubtrockenen schönen Geschmack.

Abgang:

Lang, kalter Rauch, trocken, Bitterschokolade, Kräuter, altes Holz

Fazit:

Gut und wieder etwas vollkommen anderes als die anderen Whiskys. Bei einem Blindtasting hätte ich diese ersten vier Whiskys definitiv verschiedenen Brennereien zugeordnet.

Für die Fassproben ab jetzt nur „Short Notes“:

Fassprobe Pale Malt, Fass 52, Bourbon Cask, 6 Jahre, 57,6%

Aroma:

Vanille, grüne Äpfel, Pfirsich, weiße Trauben, helles Holz

Geschmack:

Kräftige Bourbonfassnoten, Vanille, Äpfel, Malz, Kaffee, Nougat, Heidekräuter, Eukalyptus, minimal Aquavit - Fehlt nicht viel zum Schotten

Abgang:

Lang, weißer Pfeffer, dunkles Malz, Espresso, Vanille

Fazit:

Ein toller Whisky - Rund, süffig, lecker, auch mit Wasser sehr fein. Bitte abfüllen.


Fassprobe Kara, Fass 247, Bourbon Cask, 3 Jahre, 59,8%

Aroma:

Eingelegte dunkle Früchte, frisch genutzte Kaffeefilter, dunkelste Schokolade, angebranntes Karamell, Kaffee, Kaffee, Kaffee

Geschmack:

Genau das, was die Nase versprochen hat: Kaffee-Whisky mit angebranntem Karamell - Leider mag ich überhaupt gar keinen Kaffee, d.h. für mich überlagert der Kaffee hier leider alles, was es vielleicht zu entdecken gibt.

Abgang:

Kaffee.

Fazit: Für Kaffeetrinker ist das mit Sicherheit ein großartiger Malt, für mich als Nicht-Kaffeetrinker ist das leider überhaupt nicht lecker.


Fassprobe Imperial, Fass 125-2, Ex-Rye-Cask, 3 Jahre, 58,8%

Aroma:

Dunkles Malz, Vanille, Möbelpolitur, Haselnüsse, Rosinen, Muskat, Nougat

Geschmack:

Pfeffer, Leder, Tabakkrümel, verkohltes Toast, Haselnüsse, Malzbonbons, Karamell

Abgang:

Dunkel, dumpfe Schärfe, angebrannt, Nüsse, Malz, altes Holz

Fazit:

Vollkommen andere Sportart als alle anderen Whiskys bisher - Dunkel, dumpf, angebrannt, nussig. Absolut ungewöhnlich und deswegen spannend, aber auch kein leichter Whisky


Fassprobe Rye, Fass 219, New Oak Cask, 3 Jahre, 57,5%

Aroma:

Möbelpolitur, Kaffee, helle Früchte, Mirabellen, Toffee, Kekse, Honig, ein bisschen Klebstoff

Geschmack:

Küchenkräuter, Heide, Malz, Nagellack, Honig, Hustenbonbon, Espresso, undefinierbare Süße, Holz

Abgang:

Malzig-süß, Karamell, bitter-kühl, mittellang, Holz

Fazit:

Wieder etwas vollkommen anderes als die anderen sieben Whiskys. Junger Rye mit Potential, aber irgendwie vom New Oak Cask ein wenig überlagert


Fazit insgesamt:

Das war mal ein sehr schönes Vertikal durch Thy Whisky und es hat gehalten, was die Brennerei versprochen hat: sie setzen auf völlig unterschiedliche Geschmäcker und haben ihren „Standardwhisky“ noch nicht gefunden. Geschmacklich für mich acht unterschiedliche Brennereien. Gerade die sechs Jahre alte Fassprobe aus dem Bourbon Cask hat mir aber gezeigt: hier ist mächtig Potential. Ob es nun der „beste europäische Whisky“ ist, zu dem Jim Murray eine andere Abfüllung der Brennerei gekürt hat, wage ich ein wenig zu bezweifeln. Aber der Weg, den Thy Whisky geht, wirkt toll. Einziger Wermutstropfen: preislich sind die Abfüllungen von Thy keine Schnäppchen mit etwa 130€ für 0,5 Liter. Kleine Farmbrennerei, alles handgemacht, Bio, Organic, die deutlich höhere dänische Alkohol- und Mehrwertsteuer schlagen deutlich zu. Lohnt sich für Entdecker aber trotzdem. In Deutschland gibt es Abfüllungen von Thy Whisky derzeit ausschließlich bei Spirits of Scandinavia.

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