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Edradour 10 2019 vs Edradour 10 1990er

Nov. 15, 2021

Edradour 10 Jahre - 2019 vs 1990er

Edradour. Hmm. Für mich ist Edradour eine Brennerei mit der ich in den letzten Jahren nur wenig anfangen konnte, weil ich ja kein großer Fan von diesen extrem kräftigen Sherryreifungen bin, die die Whiskys von dort leider derzeit auszeichnen. Ob ich daher der Richtige bin, um einen fairen Vergleich einer aktuellen Miniatur eines Edradour 10 Jahre mit einer Miniatur aus den 1990ern zu machen? Vielleicht nicht unbedingt, aber ich hab trotzdem meinen Spaß daran.

Zu den Rahmendaten der beiden Miniaturen: beide Whiskys sind 10 Jahre alt und haben 40% Alkoholgehalt. Über die Fasslagerung ist nichts genaues bekannt, aber von „Sherry“ kann man definitiv ausgehen. Die kleinere, bauchige Miniatur ist von 2019, die höhere, schlankere Miniatur ist anhand des Labels irgendwann zwischen Mitte der 1980er bis Ende der 1990er abgefüllt worden - Genauer lässt sich das leider nicht herausfinden.

Optisch kann man schon mal sagen, dass die beiden Abfüllungen recht ähnlich wirken, wobei die 1990er-Abfüllung einen Hauch heller zu sein scheint.

Aroma:

2019:

Alles, was sofort aus dem Glencairn kommt, schreit lautstark „Sherry“: süß, malzig, nussig. Himbeeren, Kirschen und rote Trauben prasseln gemeinsam mit einer kompletten Nussmischung auf mich ein. Zusätzlich gibt es eine Menge Muskat, Vanille, Zimt, Röstaromen und eine sehr feine Säure, die am ehesten an unreife Aprikosen erinnert.

1990er:

Auch hier begrüßen mich ganz klar Sherrynoten, die aber doch von der aktuellen Variante abweichen: rote Trauben sind ebenfalls klar vorhanden, ansonsten finde ich aber eher Pflaumen, Zwetschgen und Aprikosen. Zimt, Weihnachtsgewürz, Leder und ein kleine Benzinnote schaffen es auch noch in meine Nase.

Geschmack:

2019:

Für seine lediglich 40% Alkoholgehalt landet der Edradour erstaunlich pfeffrig auf der Zunge. Trotzdem ist er süß und nussig, mit viel Vanille, einem ganzen Kräutergarten und Milchschokolade. Leicht bitteres Malz, helles Holz, sehr saftige Äpfel und matschige Pfirsiche lassen sich ebenfalls finden.

1990er:

Auch dieser Dram startet pfeffrig-würzig, diesmal aber mit einer klar erkennbaren Alkoholnote. Waldbeeren, Leder, Rosinen und kalter Espresso übernehmen dann die Führung. Ein Hauch Schokolade, Zimt und etwas von Omas Blumenseife lauern im Hintergrund.


Abgang:


2019er:

Mittellang, mit einer süßen, leicht seifigen Bitterkeit, dunkler Schokolade, Haselnüssen und Kräuterhonig.

1990er:

Mittellang, mit Rosinen, Milchschokolade und Beeren auf der einen Seite, die sich einen Kampf mit bitterem Kaffee, Tanninen und hmm….Kresse (?) liefern.

Fazit:

Es ist für mich ein bisschen wie erwartet: der aktuelle Edradour 10 hat für meinen persönlichen Geschmack einfach zu viel Sherry und zu wenig anderen Charakter. Das gefällt natürlich ganz vielen Whiskytrinkern und die Beliebtheit dieser Abfüllung gibt dieser Kreation auch einfach recht, aber es ist halt nix für mich. Trotzdem ist dieser aktuelle Edradour um Welten besser als die Abfüllung aus den 1990ern, die, mit völlig anderen, aber ebenfalls dominanten, Sherrynoten, gegen Ende mit einer unangenehmen seifigen Bitterkeit auffällt.
Einmal ist der Whisky gekennzeichnet von den eher rotfruchtig-nussigen Sherrynoten der aktuellen Abfüllung, dann ist es aber ein weiter Weg zu den eher beerig-ledrigen Sherrynoten der alten Variante. Schokolade, Zimt und helles Holz finde ich bei beiden Drams, diese sind aber völlig unterschiedlich in ihrer Dominanz bzw. ihrem Lauern im Hintergrund. Da ich keine richtige Ahnung hab, wie der typische Brennereicharakter von Edradour unter all diesem Sherry ist, kann ich leider nicht sagen, ob der erkennbar ist.
Dieser Vergleich war für mich sehr spannend, obwohl ich hier nicht in meiner Komfortzone unterwegs bin - Gerade die beiden sehr unterschiedlichen Arten der Sherryreifung erlauben hier klare Unterschiede zu erkennen.

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