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Mackmyra Blomstertid

Aug. 23, 2020

Mackmyra Blomstertid

Anfang Mai passierte mir folgendes: zum ersten Mal seit Wochen des Lockdowns besuchten wir die Schwiegereltern in ihrer Kleinstadt in Schleswig-Holstein zum gemeinsamen Spaziergang. Gegen Ende sagt Schwiegerpapa „Kannst du mir aus dem Tabakladen da vorne noch schnell eine Zeitung rausholen? Ich hab keine Maske dabei.“ Na klar konnte ich, betrat den Laden und......dann stand da diese einsame Flasche Mackmyra Blomstertid ganz verlassen im Regal und lächelte mich schüchtern an. Auf ihr befand sich ein kleines eingestaubtes Schild mit „59 €“. Da hatte ich keine andere Wahl, als sie von ihrem tristen Ladenleben zu erlösen und mit nach Hause in Whiskytruhenhaltung zu überführen. Hab am selben Abend noch schnell Lotto gespielt, aber nix gewonnen. Glück war aufgebraucht.

Der Blomstertid ist sowas wie eine kleine Legende unter den Mackmyra-Abfüllungen und jeder Mackmyra-Mitarbeiter wird vermutlich zehnmal im Jahr nach diesem Whisky gefragt und ob er nicht noch einen auftreiben könnte und so. Es handelt sich beim Blomstertid um einen Whisky unbekannten Alters, der zu einem Teil in American Oak-, PX- und Olorosocasks lagerte, aber auch zu rund einem Drittel in Fässern, die vorher Kirschweins beherbergten......und genau diese Kirschnote ist das, was den Blomstertid so legendär gemacht macht.

Abgefüllt wurde er übrigens mit 46,1% und ist derzeit außer auf Auktionen oder bei Raritätenhändlern nicht mehr zu bekommen. Ich hatte den Dram bei seinem Erscheinen vor vier Jahren schon mal gekauft, aber uns war leider nur eine Freundschaft von wenigen Wochen beschienen, denn dann war er bereits leer und Nachschub nicht mehr zu bekommen. Ich weiß also grundsätzlich, was mich erwartet, hab mir den Blomstertid über die Jahre aber auch ordentlich verklärt, würde ich vermuten.

Aroma:

Der Dram braucht auf jeden Fall Zeit im Glas, die ich ihm auch gebe. Anfangs dominiert nämlich außer einer sehr undefinierbaren Süße noch eine geradezu kühlende Alkoholnote. Nach etwa fünfzehn Minuten hat der Blomstertid sich aber geöffnet und zeigt, was er kann: rote Trauben, Himbeeren, Vanille und Sahne bereiten den Grund für haufenweise süße Kirschen. Später zeigen sich noch Erdbeerkuchen, Kardamom und Menthol.

Geschmack:

Honig, Ananas, Mango, Grapefruit und natürlich Kirschen zeigen sich sofort auf der Zunge.Zusätzlich ist der Dram jung, mit ordentlich Eiche und Schärfe, aber auch Vanille und Sahne. Als wenn man rote Grütze mit Vanillesoße erst pfeffert und dann mit einem frisch geschnitzten Holzlöffel futtert.

Abgang:

Mittellang, im Mund verbleiben jede Menge Früchte, während sich am Gaumen eine wärmende Schärfe einnistet. Dazu leicht trocken und irgendwie blumig.

Fazit:

Der Blomstertid ist ein ganz großartiger, leckerer, süß-herber Sommerwhisky - Nix anderes. Kein Komplexitätsmonster, keine stundenlange Herausforderung für den Gaumen, sondern wunderbar süffig, aber mit den richtigen bitteren Noten, um auch noch bei Sonnenuntergang passend zu sein.
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