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Fünf Whiskys und fünf Alben, die mich geprägt haben

Mai 30, 2023

„Fünf Whiskys / Fünf Alben“-Challenge

Da hat der doofe Dirk von der Maltkanzlei mich doch tatsächlich zum Start der „Fünf Whiskys und fünf Alben, die mich geprägt haben“-Challenge nominiert und Sekunden nach der Nominierung beginnt es in meinem Kopf schon zu rattern: fünf Whiskys, das schaff ich. Aber fünf Alben? Nur fünf? Wie soll der Musik-Nerd in mir das denn schaffen? Beim ersten kurzen Überlegen hatte ich sofort mindestens 20 Alben auf dem Zettel und dabei noch Einige vergessen, aber ich wusste sofort: das Einkürzen wird schmerzhaft.

 

Whisky Nr. 1: Longrow 14

 

Mein Whiskyleben startete auf Islay und war lange Zeit vor allem durch Lagavulin, Laphroaig und Ardbeg geprägt. Der erste Whisky von außerhalb dieser Insel, der mich damals absolut begeistert hat, war die einfache Standardabfüllung des Longrow 14: 46%, meistens eine Kombination Bourbon- und Sherryfässern. Diesen zitronig-rauchig-salzigen Aufenthalt in einem Fischereihafen werde ich wohl noch ewig auf der Zunge schmecken und er hat dafür gesorgt, dass ich „die Insel“ verlassen hab und mich erstmals anderen, allerdings immer noch nur rauchigen, Single Malts zuwandte. Leider ist diese Abfüllung seit Jahren eingestellt und nicht mehr unter 150€+x zu bekommen.


Album Nr. 1: Patti Smith - Horses

 

Mein Musikleben startete, wie bei vermutlich jedem anderen auch, mit der Musik der eigenen Eltern. Ich erinnere mich auch heute noch eher gruselnd an das, was ich bei meinen Eltern im Schrank fand: Stefan Waggershausen, Nino de Angelo, Peter Maffay, Chris Norman, Rondo Veneziano oder den Dirty Dancing-Soundtrack. Eines Tages allerdings entdeckte ich in einer Ecke auf dem Dachboden die Kiste mit den aussortierten, alten Schallplatten, wo ich so einige Schätze fand, die mich lange begleiten sollten, ganz vorne „Horses“ von Patti Smith: als mit „Jesus died for somebody‘s sins, but not mine“ die erste Zeile des Albums erklingt bin ich bereits erfolgreich eingefangen. Etwas derart großartiges wie diese hypnotische, kreative, textlich umwerfende, getriebene, energiegeladene, rockig-schmutzige Platte hab ich selten wieder gehört und auch heute noch dröhnt sie immer wieder aus meinen Boxen.


Whisky Nr.2: Oban 14

 

Der Oban 14 ist auf dieser Liste, weil er der erste Whisky war, der mir nachhaltig gezeigt hat, dass Whisky auch ohne Rauch schmecken kann. Pfirsich, Ananas und Litschi kombiniert mit leichten Küstennoten wie Algen und Salz aber auch Liebstöckel und kaltem Kaffee – Dafür steht der Oban bis heute für mich, auch wenn ich inzwischen weiß, dass das „ohne Rauch“ gar nicht stimmt, denn 2-3ppm hat der Oban ja doch. Ich greife beim Oban 14 immer noch gerne zu und er ebnete mir damals den Weg in die nicht-rauchigen Abfüllungen.

Album Nr.2: Mark Lanegan – Whiskey for the Holy Ghost

 

Ein paar Jahre nach meiner Patti Smith-Entdeckung übernahm der Grunge die Welt. Nirvana, Soundgarden, Pearl Jam, Alice in Chains und wie sie nicht alle hießen liefen in meinem Jugendzimmer rauf und runter. Ich fuhr dabei mächtig auf die Screaming Trees ab, weil mich die Stimme ihres Leadsängers Mark Lanegan so faszinierte und als ich sein zweites Solo-Album „Whiskey fort he Holy Ghost“ in die Finger bekam, war ich mal wieder fasziniert: diese dunkle, rauchig-kratzige, mit Whisky gestählte Stimme, diese düstere, aber auch träumende Energie, diese Post-Country-Grunge-Rockmusik. Dieses Album hat mich durch viele Abende begleitet und gerade das hypnotisch-krachende „Borraccho“ mit Zeilen wie „I need some for rhytm to be“ kriegt mich immer wieder. Der Bezug zu Whisky ist übrigens tatsächlich reiner Zufall, denn bei Erscheinen des Albums wurde dieser bestenfalls in Form von Double Q mit Cola auf Zeltfesten zu mir genommen.


Whisky Nr. 3: Glen Grant 16

 

Ich kam von Islay über Springbank und andere rauchige Whiskys ja durch den Oban in die Welt des fehlenden Rauches, aber die Speyside war lange eine Gegend, deren Whiskys ich nur selten anrührte. Campbeltown, Islands und Highlands hatten es mir angetan und es dauerte bis zum Glen Grant 16, dass ich mich mit der größten schottischen Region näher beschäftigte. Dieses grasig-kräutrig-vanillige, dieses süß-weich-würzige und dieses fruchtig-malzig-frische machten den Glen Grant 16 damals für mich zu einem perfekten Sommerwhisky und die leichte Speyside plötzlich zu einer höchst spannenden Region.


Album Nr. 3: El Bosso & die Ping Pongs - Komplett

 

Grunge war irgendwann durchgenudelt, Kurt Cobain war tot und es war Zeit, was Neues zu finden. Dieses „Neue“ fand ich nicht selber, sondern es fand mich: auf einer zweiwöchigen Autotour mit Hauszelt und einem Kumpel durch Süddeutschland, Österreich und die Schweiz saßen wir eines Abends im Cafe Atlantik in Freiburg und aus den dortigen Boxen schallte in Endlosschleife das „Komplett“-Album von El Bosso & den Ping Pongs: treibender, groovender, fröhlicher, deutscher Ska. Das schlug bei mir ein, wie eine Bombe und führte mich über Bluekilla und die Busters, Ska-P und Reel Big Fish schließlich zu den jamaikanischen Originalen. Das Komplett-Album ist aber weiterhin mein absoluter Ska-Liebling und läuft sehr zum Missfallen meiner nur dem Metal zuneigenden Frau viel zu laut bei uns im Haus.


Whisky Nr. 4: Linkwood 1998-2015 – Coté Rotie Wine Casks

 

Ich weiß es leider nicht mehr zu 100%, aber ich meine, dass es dieser Linkwood war, der mich in die Arme des von mir inzwischen so geliebten Rotweinfinishs trieb. Linkwood war ohnehin seit längerem eine meiner liebsten Brennereien und als ich diesen Whisky in einem kleinen Laden in Bielefeld probieren durfte, war ich hin und weg. Wenn ich doch nur vorher gewusst hätte, dass Rotweinfinish so gut sein kann. Geiles Zeug und schon lange nicht mehr zu kriegen, aber eine letzte Flasche davon hab ich noch.

 


Album Nr. 4: Steel Pulse – Tribute to the Martyrs

 

Über El Bosso und Ska landete ich irgendwann in den tiefsten Tiefen des Reggae und neben all den aktuellen Veröffentlichungen grub ich mich durch den umfangreichen Backkatalog dieser Musikrichtung. Toots & the Maytals, Lee Scratchy Perry, Max Romeo und Black Uhuru liefen daraufhin sehr viel bei mir und irgendwann stieß ich natürlich auch auf Steel Pulse, die erste nicht-jamaikanische Band, die Preise für Reggaealben abgesahnt hat. Einige ihrer Alben finden sich in meiner Sammlung, aber keines hat es mir derart angetan wie das kurze, knackige „Tribute tot he Martyrs“-Album: urtümlicher Roots Reggae, groovy und entspannt, aber gleichzeitig anklagend und kritisch. Das hierauf enthaltene „Babylon makes the rules“ ist einer meiner All-Time-Reggae-Favoriten.


Whisky Nr. 5: Mackmyra – Blomstertid

 

Lange hab ich überlegt, welcher Whisky es wohl gewesen sein könnte, der mir gezeigt hat, dass auch außerhalb Schottlands hervorragender Single Malt hergestellt werden kann. Letztlich weiß ich es nicht mehr genau, da die in Frage kommenden drei Kandidaten alle im etwa selben Zeitraum erschienen sind und welcher von denen mich zum wiederum nächsten geführt hat, weiß ich leider nicht mehr. Stellvertretend für diese drei Abfüllungen hab ich mal den Blomstertid ausgewählt, der mit seinen aufgrund der enthaltenen Kirschweinfässern so ungewöhnlich, aber großartigen fruchtigen Noten dafür gesorgt hat, dass ich mich inzwischen auch mit Begeisterung auf Whiskys außerhalb Schottlands stürze. Ob Schweden, Deutschland, Australien, Frankreich oder Japan: wenig ist seitdem vor mir sicher, wenn Single Malt draufsteht.


Album Nr.5: Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi – Expedition ins O

 

Eigentlich sind in meinem Alter ja die Zeiten der Alben vorbei, die einen noch prägen können, aber eines hat es vor ein paar Jahren dann noch nochmal geschafft, mir viele neue Musik zu erschließen und mich zu begeistern: ein Sänger, der unfassbare schräge, weise, witzige, wahnsinnige, kreative Zeilen rappt. Eine Band, die neben Bass und Gitarre fast ausschließlich auf normale Haushaltsgegenstände als Percussion setzt und damit einen super in die Beine gehenden Funk-HipHop-Alternative-Rock-Sound kreiert. Das ganze Album ein einziges Monster. Die Liveauftritte schweißtreibend.


Das war viel Text – Jetzt wird nominiert, denn es gibt bestimmt noch andere Musik-Nerds, die sich vielleicht trauen. Tobias Piwek von Barleymania und Thomas Lachrath von Slainte mhath have a dram – Wie wäre es?

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